Franklin Pezzuti Dyer

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Das perfekteste Bund (Fiktion)

Ich schicke euch diese Nachricht, liebe Zuhörer oder Zuhörerinnen, damit ihr meine Zwangslage verstehen könntet.

Vor einige Jahrzehnten erfunden zwei Neurowissenschaftler - ein Mitarbeiterehepaar aus Italien - eine Methode, um die Gehirne zwei Labormäuser in eins zu fusionieren, dergestalt, daß das Neue die Erinnerungen und gewohnte Handlungen der Individuen behielt. In der Wissenschaftsgemeinde gilt es auf der Stelle als eine bahnbrechende Entdeckung, auch wurde es sofort eine Sensation im öffentlichen Bewusstsein. Genauso wie mit vielen neuen Biotechnologien ekelten sich die meisten Leuten ein bisschen davor aber blieben von krankhaften Neugier fasziniert.

Lange schwebte es im dunklen Hintergrund die unheimliche Frage, ob diese Methode auch vielleicht für Menschen klappen könnte. Nach mehrjährige Weiterentwicklung und Experimenten mit komplexeren Tieren waren die meisten Experten einverstanden, es könne ohne signifikante Gefahr mit zwei Menschenhirnen ausgeführt werden. Die verbleibende Sperre zur Durchführung in diesem Moment war nicht technisch, sondern moralisch.

Es ergab sich schließlich daß ein Finanzmogul und sein Ehemann eine verlockend große finanzielle Prämie aussetzten, irgendeiner medizinischer Einrichtung, die ihnen dieses Verfahren durchführen würde, weil der Erstere ein tödlich aggressiven Krebs bekommen hatte, der sein Körper zu zerstören drohte aber sein Gehirn quasi unberührt ließ. Nach monatenlang hitzigen und medienwirksamen Debatten bekamen sie endlich die Operation. Ehrlich ist es mir noch unglaublich, daß so viele Menschen so gefühllos sein könnten, um diese Verbindung zu verhindern zu versuchen. Wenn sie auch nur die Stärke der reinen Liebe zwischen diesen zwei Menschen empfunden hätten… jetzt verstehen sie, haben alle es sich anders überlegen.

Danach war es nur eine Frage der Zeit, bis das Verfahren für das Publikum verfügbar wurde. Anfangs war es meistens nur benutzt, um die zu retten, deren Körper unheilbar befallen waren. Dann wurde es als eine Art biologische Paartherapie für die unglücklich verheiratete Vermögende bekannt. Es wäre eine irrsinnige Untertreibung zu sagen, daß es diesen Zweck sehr erfolgreich erfüllte…

Wenn man alle Gedanken, Gedächtnissee und Gefühle des Teilhabers kannt… Misverstandnis, Verdacht, Eifersucht, alle beruhen auf eine Informationslücke und deshalb verdampfen sich tautologisch als diese überbrückt wird. Das Gebrüll und die Tränen eines Liebesstreits wird von ruhige Verzögerung und Überlegung abgelöst. Außerdem sind die Wochen nach dem Fusion unglaublich berauschend. Stell dir vor - du bekommst auf einmal ein ganz neues Leben von Erfahrungen und Wissen zum vernetzen und analysieren. Das Geistesleben wird kombinatorisch bereichtert. Nebensächlich wird das Sexleben vergnüglich durchgedreht wann es weder Tabu noch Ungeborgenheit gibt. Es ist wirklich das Perfekteste aller Bunden. Ich spreche nicht aus Theorie, sondern aus eigener Erfahrung.

Mit Hilfe vieler “Superwissenschaftler”, in denen die Kenntnisse vieler Wissenschaftler konzentriert durch hirnlichen Fusion wurde, wurde das Verfahren immer effizienter und billiger. Bald war es nicht so ungewöhnlich, daß ein bürgerliche Ehepaar Fusion erfuhren. Auch wurden Eltern manchmal mit ihren Kindern fusioniert - die Erziehung ist zwar sehr einfacher, wenn man alle elterliche Wissen und Erfahrung so vollkommen vermitteln kann. Echt ist das Fusion der Höhepunkt irgendeiner Beziehung.

Kurz gesagt wurden fast alle soziale Probleme danach einfach gelöst. Die Engstirnigkeit hatte keine Chance gegen die übermächtige Überfluss der Empathie, die aus dem Fusionsprozess ausstrahlt. Ein Misogyn, der sich mit seiner Ehefrau fusioniert, kann kein Misogyn mehr sein. Die Unwichtigkeit der Hautfarbe ist allem eindeutig, wenn irgendein Gehirn in irgendeinen Körper versetzt werden kann. Der Rassismus wird nicht nur unsinnig, sondern auch unmöglich.

Doch eine Besonderheit des Fusions: nach ein paar Monaten klingt die Erregung allmählich ab. Man fühlt sich nicht mehr wie zwei Personen in einem geteilten Körper eng eingebunden, sondern wieder nur ein Person mit außergewöhnlich viel Wissen. Dann dringt die Alleinsamkeit noch mal ein und ist man wieder auf der Suche nach einem Partner.

Also, zwei Jugendliche verehelichen and fusionieren sich in eins, dies wird aber alleinsam und fusioniert sich mit einem dritten oder vielleicht einem anderen Fusionierten. Innerhalb kurzer Zeit gibt es Körper die vier, acht, sechzehn oder mehr Seelen beherbergen aber trotzdem traurig “ledig” bleiben.

Jetzt schon habe ich keinerlei Ahnung, wie viele Personen ich bin, leider aber fühle ich mich furchtbar alleinsam… Deshalb übertrage ich auf alle Frequenzen diese Nachricht. Gibt’s irgendjemand noch da, den ich übersehen habe? In irgendeinen Ecke der Erde? Die Großstädte und die Nachbarschaften sind leer, auch alle abgelegene Dörfer in den Dschungeln und den Gebirgen… Oh mein Gott, ich glaube, ich kann es nicht mehr leiden, mit meinen Gedanken alleine zu sein…


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